Die Scham ist ein grausamer Mantel, der meine Nacktheit umhüllt. Ein graumelierter Panzer über meinem echten hüllenlosen Sein. Mein ganzes Leben lang hab ich ihn schön drapiert, der Mode angepasst, meinen persönlichen Style kreiert. Die Scham ist ein Maske – oder viele Masken – die ich angelegt habe, um der unausweichlichen puren Kraft im Inneren zu begegnen. Dieser Kraft, die schon immer ins Leben wollte, die aber in ihrer Nacktheit so verletzt wurde, dass sie sich Strategien aneignete, um im scheinbaren Leben zu überleben. So stolzierte ich durchs Leben mit diesem grausamen Mantel, gewoben aus Familiengeschichten, Generationserlebnissen, Kultur- und Religionssprägungen. Einem Netz aus grauen Fäden. Die Scham hatte viele Hilfsmittel, um überleben zu können: die Süchte; Rauch, der vernebelt; Alkohol, der vergessen macht; Spielen, um Leichtigkeit zu erleben; Lieben, um geliebt zu werden; Arbeiten, um wertgeschätzt zu werden. Scham ist der Schleier vor den echten Gefühlen. Scham ist mein kulturelles Erbe: Wenn ich schon nichts geerbt habe, dann die Scham. Und ich trete diese Erbschaft nicht an: Adam, Eva holt euch eure Erbsünde heim. Ich bin in Frieden. Ich bin die Königin im Jetzt.
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